Gedanken zur Finanzkrise

Veröffentlicht am 30.09.2008 in Wirtschaft
Stefan Großhauser

In folgenden Gedanken, dem Tagesspiegel vom 24.09.2008 entnommen, kommt Vieles zum Ausdruck, was die Menschen von der hausgemachten Finanzkrise halten.

Einstürzende Weltbilder.
Mit der Inbrunst der Unfehlbarkeit wurde die Freiheit der reinen Marktwirtschaft gepriesen. Jetzt, wo diese Freiheit ihr höhnisch grinsendes Fratzengesicht zeigt, werden die Verluste noch rapider verstaatlicht, als die Gewinne privat eingeheimst worden waren.

Wie viel Wut verträgt das System? Wie viele Fäuste, die sich in Hosentaschen ballen? Gierige Zocker, deren spekulative Umtriebe kein Mensch kontrollierte, haben das globale Finanzsystem in den Ruin getrieben. Häuser, die heute kaum noch etwas wert sind, wurden mit waghalsigen Krediten bezahlt. Der Jahrmarkt der eitlen Geldvermehrung bestimmte das Tempo. Spekulationsgigantismus wurde mit Einsatzfreude und Betriebsamkeit verwechselt. Immer schneller, immer höher, immer mehr hieß das Motto. Nun, da alles zusammenbricht und riesige Banken zu Scherben zerdeppert in den Müll gekehrt werden, waschen alle Dreisten ihre Hände in Unschuld. Die US-Regierung legt ein historisches Hilfsprogramm auf, natürlich zulasten der Steuerzahler. Auch die deutsche Politik nimmt jene in Haftung, die wahrlich unschuldig sind, aber brav ihre Abgaben entrichten.

Dass die Welt ungerecht ist, war den meisten Menschen stets klar. Wer aus armen Verhältnissen kommt, muss sich für die Karriere mehr anstrengen als der Wohlhabende; wer gebildet ist, aber eine Frau, verdient meist weniger als der gebildete Mann; die Einkommensunterschiede in westlichen Gesellschaften klaffen immer weiter auseinander; Manager kassieren Gehälter, Zuschläge und Abfindungen, die in keiner angemessenen Relation mehr zu ihren Leistungen stehen. Noch im März dieses Jahres bekam der Chef von Lehman Brothers, Richard Fuld, einen Extrabonus von 22 Millionen Dollar, noch im August hätte er Teile seiner Firma für viel Geld verkaufen können, was er indes hochmütig ablehnte. Ein paar Wochen später ist sein traditionsreiches Unternehmen pleite. Tausende Kleinaktionäre und Millionen Steuerzahler büßen dafür.

Nun wird das Leiden an der Ungerechtigkeit der Welt gemildert, wenn die entsprechende Ideologie überzeugt. Für viele tat sie das eine lange Zeit. Wie lauteten die eingängigen Parolen? Jeder ist seines Glückes Schmied, der Markt reguliert sich selbst, wer ein hohes Risiko trägt, muss auch hoch bezahlt werden, von der Globalisierung profitieren alle, staatliche Eingriffe schaden der Wirtschaft. Mit der Inbrunst der Unfehlbarkeit wurde die Freiheit der reinen Marktwirtschaft gepriesen. Jetzt, wo diese Freiheit ihr höhnisch grinsendes Fratzengesicht zeigt, werden die Verluste noch rapider verstaatlicht, als die Gewinne privat eingeheimst worden waren. Ein Sozialist wie Hugo Chavez vertraut den Märkten heute mehr als die US-Regierung, die freilich, weil das eigene Böse immer gut sein muss, ihren ideologischen Salto mortale als Pragmatismus feiert.

Plötzlich fehlt der Ungerechtigkeit die rechtfertigende Lehre, und in das Vakuum stößt, um die Schreckstarre dauerhaft zu machen, das überwältigende Gefühl kompletter Ahnungslosigkeit. Wie groß die Krise ist, ob die Hilfspakete reichen, eine Rezession folgt oder gar eine Depression: kann sein, kann nicht sein. Keiner weiß es. Alle tappen im Finsteren. Das Prinzip Hoffnung ersetzt das Prinzip Wissen. Bricht die Konjunktur ein? Steigt die Arbeitslosigkeit? Und dann die bange Frage: Bin ich morgen noch in Lohn und Brot, wie es einst altmodisch hieß, als Arbeit noch das Prädikat „rechtschaffen“ trug? Schicksal, Naturkatastrophen und Zufälle gab es immer. Man arrangierte sich mit ihnen. Aber es gab sie in einer Welt, die halbwegs überschaubar schien, sicher und gestaltungsoffen. Auch diese Welt bricht gerade zusammen. Über ihren Schutt legt sich blanke Wut.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 24.09.2008)

 

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